Und da sitzen wir nun mit einem waschechten Häuptling und seinem Sekretär in unserem Cockpit und trinken Eis-Tee… Das hätten wir vor drei Tagen nicht gedacht, als wir in Cartagena aufgebrochen sind. Anker hoch und auf nach Panama. Vier Stunden später waren wir in der Bucht Cholon und sind getaucht um den Rumpf frei zu kratzen. Mit mehr als einem Knoten Extra wurden wir am nächsten Tag belohnt, als wir um 6:00 morgens den Anker gehoben haben. Jetzt nur noch 20 Stunden nach Panama. Für etwas mehr als eine Stunde hat der Wind aufgefrischt, den Rest mussten wir leider unter Motor fahren. Und dann traf uns die Sache mit der guten Planung. Wir hatten mit 20 Stunden gerechnet, mussten aber schnell einsehen, dass die Strömung gegen uns nicht 0,5 Knoten sondern eher 2 Knoten sind und der Trip eher 30 Stunden dauern wird. Wäre ja gar nicht so schlimm, wenn da nicht die Sache mit dem Diesel wäre. Wir hatten vor Abfahrt den Tagestank mit dem wir ca. 20 Stunden fahren können vollgepumpt und geschätzt, dass im Haupttank noch mindestens 3 Füllungen drin sind. Naja, war nicht so! Mit Mühe haben wir noch etwas mehr als einen halben Tank hochgepumpt und sind damit auch nach Obaldia gekommen.
Kurz bevor wir Land sahen wurden wir auf ein quietschendes Geräusch aufmerksam. Nichts kaputt, sondern die ersten Delphine unserer Reise! Erst nur drei, die schnell die Lust an uns verloren, dann als wir schon Land sehen konnten, waren es 8-10 Tiere, die in unserem Bugwasser so nahe am Boot schwammen, dass sie mit ihren Flossen den Rumpf berührten. Über eine halbe Stunde haben sie uns begleitet und mit dem Boot gespielt. Sobald man sich über Bord beugte um sie zu bestaunen, schwammen sie auf der Seite um uns mit einem Auge anzusehen. Das fühlte sich an als wollten sie mit uns Kontakt aufnehmen und war auf jeden Fall der schönste Moment der Reise bisher.
Obaldia, an der Grenze zwischen Kolumbien und Panama, Umringt von hohen Bergen und Regenwald, ist bei der Anfahrt kaum zu erkennen. Die Stadt ist eine typische Grenzstadt und als wir an Land gehen, werden wir direkt von einem Soldaten mit automatischem Gewehr freundlich gebeten ihm zu seinem Chef zu folgen. Nein Danke sagen war da nicht möglich. Der General hat unsere Ausweise überprüft und uns wohl als ungefährlich eingestuft und wir durften ziehen. Jetzt ging es zu Imigrations wo uns der abwertende Blick des Sachbearbeiters traf. Wir hatten extra lange Hosen angezogen, da wir wussten, das Behörden in Panama, auch mitten im Regenwald, Wert darauf legen. Über Sandalen allerdings, war der gar nicht erfreut. Naja, bedient hat er uns trotzdem und nachdem wir dann auch noch beim Zoll und der Marine Behörde waren ging es zurück aufs Boot. Ach ja, da war ja noch die Sache mit dem Diesel. Die Stadt ist klein, ein paar Betongwege für Fussgänger, viele Soldaten, keine Autos, keine Maschinen, ein zugewachsener Radlader, es gibt ein kleines Flugfeld das in einem Steilhang endet, Rundherum nichts als Berge und Regenwald und irgendwo dort im Nirgendwo die Grenze zu Kolumbien. Die Art von Stadt, die man in Filmen sieht, wenn es gruselig wird. Nach ein wenig herumfragen fanden wir jemanden, der in seinem Hinterhof noch einen 100L Kanister Diesel hatte und uns davon was verkaufen wollten. Der Diesel den er umschüttete war stahlblau, auf Geruchs- und Geschmackstest hin aber definitiv Diesel. Auf die Frage hin, warum der Diesel blau sei, sagte er mit verständnisloser Mine “das ist Kolumbianischer Diesel, natürlich ist der blau”. Ach ja, wir Hinterwäldler wissen einfach nichts! Ein junger Kerl aus dem Dorf half beim Umschütten und Tragen der Kanister durch das Dorf. Geld wollte er dafür nicht und erst als wir ihm erklärten dass wir mit unseren restlichen Kolumbianischen Pesos nichts mehr machen können, nahm er sie an.
Mit dem Diesel auf dem Boot ging es auf zur nächsten Bucht. Eine kleine gut geschützte Bucht, wie die schönsten Bilder aus Reiseführern, mit glasklarem Wasser und weißem Sandstrand, daneben ein Kuna Indianer Dorf. In die Bucht gefahren, kurz überlegt wie wir ankern wollen und dann der Schreck – wir sind auf Grund gelaufen! Nach kurzem schauen war die befahrbare Stelle der Bucht viel kleiner als auf der besten Karte (Panama Cruising Guide) verzeichnet. Also Rückwärtsgang und Vollgas. Langsam schubbelt sich das Boot los, ein Meter, zwei Meter und wieder Stopp – wieder auf Grund. Unserer Propeller zieht das Boot so stark nach Backbord das geradeaus rückwärtsfahren unmöglich ist. Im Vorwärtsgang mit Vollgas schob Lona sich langsam frei und wir konnten die Bucht wieder verlassen. Ein Kuna Kind mit seiner Mutter hat noch gewunken und wir sind auf zur nächsten Bucht (Carreto).
Zwei Stunden weiter und dort erfolgreich geankert nahm auch schon bald ein Einbaum mit zwei Kunas Kurs auf uns und die beiden fragten höflich ob Sie an Bord kommen dürfen. Ein alter Mann, der nicht viel sagte, und ein jüngerer der spanisch sprach. Wir boten ihnen Eistee an und packten alles Spanisch aus, das wir (hauptsächlich Nina) können. Es war das Oberhaupt des Dorfes (Saila auf Kuna) zusammen mit seinem (bitte nicht lachen) Sekretär. Wir haben uns über das Dorf und das Wetter unterhalten und uns wurde versichert, dass es gerade sehr kalt ist. Der muss Witze gemacht haben, ich schwitze – ohne mich zu bewegen – genauso wie in der Sauna und das Wasser, welches er wegen der Regenzeit sehr kalt fand, ist kaum eine Abkühlung. Sie haben uns gesagt, dass sie 10 Balboa (10 US-Dollar) Ankergebühr verlangen und haben uns für den nächsten Tag in ihr Dorf eingeladen (wir sind jetzt schon nervös was uns erwartet).
Das waren spannende Tage. Zum ersten Mal Delphine gesehen – blauen Diesel gekauft – auf Grund gelaufen – und da saßen wir nun mit einem waschechten Häuptling und seinem Sekretär in unserem Cockpit und tranken Eis-Tee…
PS: Unsere aktuelle Position ist 08 46.98′ N / 077 34.46′ W
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