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Mar 09

Die Supermarkt-Trilogie

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Was ist nun das besondere an der Karibik? Die weißen, kokosnusspalmengesäumten Strände? Das türkisblaue Wasser? Oder sind es die Menschen und ihre lockere Art? Nein, das Besondere an der Karibik ist natürlich das Einkaufserlebnis! Die exotischen Obst- und Gemüsesorten von denen noch nie ein Europäer probiert hat, amerikanische Import-Produkte, die kein Europäer je kaufen würde und die Menschen, die kein Europäer freiwillig anspräche…

Hier kommen also unsere Best-of-Supermarkt-Erlebnisse:

Teil 1 – Der Rote Baron

Neulich in einem chinesischen Supermarkt in Panama…
Ein älterer Herr spricht uns mit den altbekannten Worten an (Konversation natürlich auf Spanisch): “Na, wo kommt ihr denn her?”
Wir: “Aus Deutschland.”
Er: “Das ist ja toll, dann kennt ihr bestimmt meinen Cousin!!!”
Wir: “Äh…?”
Er: “Mein Cousin ist nämlich total berühmt in Deutschland und ist ein Volksheld!”
(Da der ältere Mann von tiefschwarzer Hautfarbe ist, denke ich erst mal an Roberto Blanco…)

Er: “Er hat im ersten Weltkrieg mitgemacht und war Flieger, er wurde von allen nur der rote Baron genannt!”
Wir: [sprachlos]
Er: “Kennt ihr den denn nicht? Er ist ein Held! Wisst ihr nichts ueber den Krieg? Krieg ist doch total wichtig! Warum wisst ihr denn nichts von meinem Cousin?”
Wir: “Naja, an Krieg ist eigentlich nichts so toll – Kriegshelden verehrt auch keiner mehr und eigentlich finden alle in Deutschland Krieg doof…”
Er: “WAS??? Aber Manfred von Richthofen war mein Cousin, er hat Hunderte abgeschossen, er ist ein Held!!!”

Wir versuchen uns schnell zu verabschieden und uns außer Reichweite dieses Irren zu bringen. Zwischen Reis und Nudeln setzt der währenddessen noch den Monolog über seinen heldenhaften Cousin fort…

Teil 2 – …Und keine Eier*!

Damals, da hatten wir ja nix…
Diese Geschichte zieht sich über unseren gesamten 4 wöchigen Aufenthalt in Cuba hin und beginnt damit, dass wir in Cuba ankamen und keine Eier mehr im Vorrat hatten. Eigentlich nichts Tragisches…
Da wir schon kurz nach unserer Ankunft mit dem Bus nach Havanna fahren wollen, beschließen wir, den notwendigen Großeinkauf aufzuschieben. In Havanna bemerken wir die vielen kleinen staatlichen Läden, die Eier verkaufen. Eier stehen stapelweise in jedem fünften Hauseingang und wir sind beruhigt – vielleicht gibt es kein Mehl oder Dosenwürstchen zu kaufen, aber die Eierproduktion scheint in Cuba zu funktionieren.
Zurück in Cienfuegos gehen wir langsam den Großeinkauf an: Wurst, Käse und Schokolade im überteuerten staatlichen Supermarkt, frisches Gemüse vom Bauernmarkt. Aber wie geht das mit den Eiern? Der staatliche Lebensmittelladen (nicht zu verwechseln mit dem Supermarkt), der während unseres Aufenthalts nur einmal geöffnet hatte, kann uns leider keine Eier verkaufen – die gibt’s nur auf Rationskarte…
Übrigens, die Taktik des Cuba-Kenners wäre es an dieser Stelle, sich von einem befreundeten Segler ein Kleinkind auszuleihen und zu behaupten die benötigten Eier/Milch/Bohnen/Rum wären fürs Kind. Da würde dann auch die vom Staat angestellte Bedienung weich werden und alles rausrücken, auch wenn man keine Rationskarte hat.
Leider haben wir kein Kleinkind zur Hand und gehen eiermäßig leer aus.

Zwei Tage später treffen wir zwei befreundete Segler, die gerade vom Einkaufen kommen. Sie erklären uns den Weg zu dem einen Laden in der Innenstadt bei dem man Eier kaufen kann und noch am selben Nachmittag stiefeln wir los. Leider zu spät. Als wir ankommen gibt es nur noch “huevos rotos” (kaputte Eier). Der freundliche Herr an der Theke lässt uns aber wissen, dass wir morgen Eier kaufen können.
Am nächsten Tag gibt es aber wieder keine Eier. Noch nicht, klärt man uns auf, die werden am Nachmittag geliefert. Na gut, vorher können wir ja die restlichen Einkäufe erledigen. Aber schon in der Markthalle gibt es ein böses Omen: Wir fragen eine Verkäuferin auf gut Glück, wo man Eier kaufen kann, wir waren schon bei so vielen Läden und keiner hat welche. Sie fängt an zu lachen und sagt “Versucht‘s doch mal in Santiago de Cuba!” [Anmerkung: Das ist ca. 300km entfernt] und lacht weiter.

Wie ihr es sicher schon erraten habt, gibt es nachmittags auch noch keine Eier. Und am nächsten Tag auch nicht und am Tag danach auch nicht. Das waren also vier Wochen Cuba …und keine Eier!!!

*) Anmerkung der Autorin: Kenner wissen nun, in welchem Song es eigentlich um Cubanische Plätzchen geht…

Teil 3 – Die Verschwörung

Nachmittags um 3 auf St. Martin…
Wir stehen vor dem Haushaltsregal und sind dabei eingehend über die Vor- und Nachteile diverser Plastikbeutel zu philosophieren, als ein älterer Herr vorbeikommt und uns auf Deutsch anspricht:

Er: “Nehmt doch nicht immer das Billigste!”
Er erkannte uns wohl sofort als Segler (ausgebleichte Klamotten, Hut mit Bändsel gegens Wegfliegen) und begann ein lockeres Gespräch (dachten wir)
Er: “Was habt ihr denn für ein Boot?”
Wir: “Contest 42, ketch”
Er: “Ketch, toll, hab ich auch, eine Hallberg-Rassy, auch 42 Fuß”
Nina (packt die Gelegenheit beim Schopf): “Willst du zufällig deine Heizung verkaufen? Wir bräuchten nämlich eine, da es bald zurück nach Nordeuropa geht.”
Er: “Ne, meine Heizung habe ich längst rausgeschmissen. Wieso fahrt ihr denn ausgerechnet nach Europa? Da ist doch bald Krieg!!! Ihr müsst euer Boot vollladen und hierbleiben!”
Wir: “Krieg?”
Er: “Ja, klar, das ist doch alles geplant, mit Syrien und so. Das haben die da oben sich schon überlegt. Und als nächstes kommt der Finanzcrash.”
“Die oberen, die teilen das untereinander auf und bestimmen im Vorhinein, wann es Krieg gibt und wer Kanzler wird oder Präsident der USA. Das sind die Freimaurer und die Skulls aus Amerika. Und den Rothschilds gehören ja alle Zeitungen, ich kenn das, war ja selber in der Zeitungsbranche!”
Wir: “Naja, so hoffnungslos ist es doch auch wieder nicht…”
Er: “Seht euch doch mal um, das ist die Realität!”
Wir (ein verzweifelter Versuch diplomatisch zu bleiben): “Die Realität wird wohl von jedem anders wahrgenommen…?”
Er: “Das ist alles wahr, müsst ihr einfach mal googeln, da steht alles!”

Dies ist übrigens nur ein kleiner Teil der Konversation. Wir haben ihn mehrmals im Supermarkt wieder getroffen, wo er wiederholt versucht hat uns von der totalen Verschwörung zu überzeugen. Bilderberger, Rothschilds, Freimaurer, Skulls …. Nur Weltuntergang war nicht dabei, aber das wird Stefan ihm, falls wir ihn noch mal treffen, als neues Hirngespinst schmackhaft machen.  Viel Spaß beim Verrücktmachen.

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