Posted from Portobelo, Colon, Panama.
Vor einigen Tagen kam der hektische Ruf über das Funkgerät: “Cruisers, look out, a tall ship is entering the bay!”
Alle Arbeit am Boot wurde unterbrochen und wir konnten uns am Anblick des 3-mastigen Großseglers “
Picton Castle” erfreuen.
Das Schiff segelte tatsächlich in die Bucht und liess dann den riesigen Anker als unser direkter Nachbar fallen.
Dank der Hartnäckigkeit eine Mitcruiserin (nochmals Danke an Nola vom Boot Moonsong!) hatten wir die Gelegenheit die Picton Castle zu besuchen. Wir wurden von Hege, einer Norwegerin, herumgeführt:
Das Schiff wurde 1928 als Fischkutter gebaut und vor einigen Jahren als Grossegler neu ausgestattet. Nun wird es als kombiniertes Schulungs- und Frachtschiff eingesetzt. Auf dem Schiff befinden sich aktuell ca. 70 Personen, von denen 12 Crew sind und der Rest sind Trainees (aus allen Ecken der Welt), die Segeln lernen möchten.
Das Schiff kam mit Ladung aus Grenada (Heimathafen Lunenburg, Nova Scotia, Kanada) und hat auf dem Weg Richtung Panama Kanal im verschlafenen Portobelo angehalten.
Wir duerfen uns als erstes das monströse Ankerspiel anschauen, welches von Hand bedient wird! 4 Personen “pumpen” (ähnlich wie auf einer Draisine) gleichzeitig 5 Minuten lang – dann kommen die nächsten dran und lösen ihre vollkommen durchgeschwitzen Vorgänger ab. In dieser Zeit bewegt sich die Ankerkette geschätzte 50cm nach oben. Ein Knochenjob also!
Beim Rundgang auf dem Deck fallen die festgeschnuerten rohen Baumstämme auf: Hege klärt uns auf, dass daraus unterwegs neue Querbäume hergestellt werden. Oh Mann, das ist noch Wartung!
Die Blöcke und Beschriftungen sind wunderschön in Holz geschnitzt und ein Trainee lackiert schon fleissig. Einige Stellen wurden in einem Jahr 19 mal überlackiert!
Weiter geht’s ins Trainee-Quartier: In einem grossen Raum sehen wir ca. 30 Bett-Alkoven, jeweils mit Vorhang für Privatsphäre und an einem grossen Tisch sitzt jemand und näht eine riesige Persenning.
Der Laderaum ist ebenfalls altmodisch gehalten: Von Fahrrädern über Autoreifen und Bierkisten sind alle möglichen Waren festgezurrt. Seit der globale Warentransport über effiziente Containerschiffe abgewickelt wird, gibt es kaum noch Cargo-Schiffe, welche die kleinen Pazifik-Inseln anlaufen. Diesen Job übernimmt unter anderen die Picton Castle. Auf dem Weg durch den Pazifik wird sogar die mikroskopische Insel
Pitcairn angelaufen!
Vom Maschinenraum erheischen wir leider nur einen kurzen Blick. Picton Castle ist mit einem 690 PS Zweitaktdiesel aus dem Jahr 1928 (!) ausgestattet, welcher aber möglichst sparsam angewendet wird. Wenn es gerade geht, wird gesegelt.
Bevor wir die zwei Meter lange Strickleiter zu unserem Dingi hinabsteigen, wirft uns die Schiffskatze George noch einen vernichtenden Blick zu. Der Hund, welchen Nola und Jerry von der Moonsong mit an Bord gebracht hatten, war kein willkommener Gast!
Hier alle Fotos, die wir bei unserem Besuch gemacht haben: