«

»

Dec 26

10 Tage, 10 Beamten und 1 Hund

Posted from Address not found.

Zehn Tage am Wind segeln, 4 Squalls mit ueber 30 Knoten Wind, ein gerissenes Vorfall und viel zu wenig Schlaf.

Das sind die Eckdaten der Ueberfahrt von Panama nach Cuba.
Dazu kommt noch, dass ein Tanker, selbst nachdem ich mit ihm gefunkt habe, uns fast gerammt hat und wir 30 Meter vor einem Fischernetz, das schlecht markiert war, noch so eben abdrehen konnten. Nicht zu vergessen den wohl frischesten Heiligabendthunfisch der Welt!

Und was ist das Resume? Zehn Tage am Wind ist anstrengend, speziell wenn es konstant zwischen 15 und 25 Knoten blaest. Allerdings ist es nicht wirklich so viel anstrengender als andere Ueberfahrten. Das Anstrengende ist wohl eher der Schlafentzug durchs Schichtschlafen und wenn das Boot zu hart ueber die Wellen haemmert, ist auch die eigentliche Schlafenszeit nicht zu erholsam. Belohnt wird man aber fuer die kleinen Strapazen mit einem fast unwirklich erscheinenden Sternenhimmel, einem leckeren Thunfisch, dem Gefuehl es auch gegen den Wind geschafft zu haben (wir haben schon von Seglern gehoert, dass das gar nicht geht) und einem Heiligabend auf See, den wir nicht vergessen werden.

Auf den letzten Meilen nach in Cienfuegos haben wir die vergebenen Funksprueche einer Belgischen Yacht gehoert, die versucht hat die Kuestenwache (Guarda Frontera) zu erreichen. Da man sich aber als Segelyacht nicht mehr anmelden muss, wenn man in die Cubanischen Gewaesser einfaehrt, hat auch keiner geantwortet. Fuenf Meilen vor Cienfuegos hat sich dann ein Offizier erbarmt und gesagt “Natuerlich duerfen sie einfahren, gar kein Problem, Wilkommen!”. Wir waren ein Paar Meilen vor der Belgischen Yacht und sind kurz nach Sonnenaufgang am 26.12. in die Bucht von Cienfuegos, mit schoenem Leuchturm an Steuerbord und nie fertig gestelltem Kernkraftwerk an Backbord, eingefahren. Wir haben dann kurz versucht die Marina anzufunken um uns anzumelden – keine Antwort. In der Marina angekommen stand auch schon ein freundlicher Mann am Pier, hat unsere Leinen genommen und uns gesagt, dass wir an Bord bleiben muessen bis die Beamten kommen und wir einklariert sind.

Ja, die Beamten…

Z.B. die Frau vom Landwirtschaftsministerium. Sie wollte erstmal wissen: Boot Name, Laenge, Breite, Tiefgang, Registrierungsnummer, Unsere Namen, wo wir her kommen, wo wir hin wollen…

Dann der Mann vom Gesundheitsministerium der wissen wollte: Boot Name, Laenge, Breite, Tiefgang, Registrierungsnummer, Unsere Namen, wo wir her kommen, wo wir hin wollen…

Und der Arzt, der wissen wollte: Naja, ihr wisst schon – Boot Name, Laenge, Breite, Tiefgang, Registrierungsnummer, Unsere Namen, wo wir her kommen, wo wir hin wollen…

Zehn an der Zahl, und alle haben das gleiche aufgeschrieben. Teilweise hatten die aber noch individuelle Spezialfragen und Aussagen. Hier die Besten:

Landwirtschaftsministerium: Oj, habt ihr viel Pasta. Oj, habt ihr viele Konserven. Ohh, ihr habt aber wenig Kaese.

Gesundheitsministerium: Ist jemand auf der Ueberfahrt gestorben, wenn ja, was habt ihr mit der Leiche gemacht?

Arzt: Hier ist das Formular. Schreibt bitte ueberall NEIN rein.

Guarda Frontera: Hat uns gefragt, ob wir Geschwister sind (alle die weiss und blond sind muessen Geschwister sein). Die Frage haben wir nicht zum ersten mal bekommen und als wir ihm gesagt haben, dass wir Freund und Freundin sind hat er gesagt: Ja aber bald verheiratet, oder?!

Zwei Durchsucher: Der eine hatte Kopfschmerzen von der Party am Vortag und hat nach Aspirin gefragt, die er sofort genommen hat. Beide hatten die uebelsten Schweissfuesse des Planeten. Das einzige was bei der Durchsuchung kritisch beaeugt wurde war eine Riesenpackung Kaugummi – sehr suspekt.

Einwanderungsbehoerde: War extrem verwundert, dass wir unseren Pass gestempelt haben wollten. Amerikaner machen das nicht, weil sie sonst nicht mehr so einfach nach Hause koennen. Nachdem wir Ihm gezeigt haben, wo er den Stempel hin machen soll, hat er auch das gemacht und sogar ein Foto von ihm und Nina vor dem Papierkram zugelassen. Auf dem hat er aber nicht gelaechelt – darf man vielleicht nicht im Sozialismus…

Die drei vom Zoll: Konnten nicht verstehen das wir alleine an Bord sind und haben gefragt wo die Babies sind. Nina und Stefan: “Wir haben keine”. Typ vom Zoll: “Ja aber bald!” Danach hat er uns noch eine Kostprobe seines Ostdeutsch gegeben, das er 1983 in der DDR bei den Genossen gelernt hat. Der Dritte Zollbeamte hat unseren Suchscheinwerfer in die Hand genommen, neugierig angeschaut und sich dann mit 500 Watt die Augen rausgelasert. Hat sich aber nix anmerken lassen.

1x Drogen- / Sprengstoff- / Schosshund: Wollte nicht mit uns reden und war so nervoes, dass wir Angst hatten, dass er uns ins Boot pinkelt.

Das ganze hat drei Stunden gedauert und war fuer uns nach der Ueberfahrt fast Entspannung. Wir mussten einfach nur an Bord warten bis der naechste Beamte kam und seine Fragen beantworten. Das Uebrigens ohne eine 70er Jahre, 110 Watt, Schreibtischlampe ins Gesicht geleuchtet zu bekommen, wie es angeblich im Sozialismus ueblich ist. Alle waren extrem freundlich und wir haben jedem eine kalte CocaCola zu trinken angeboten. Manche haben sie getrunken, manche eingepackt. Keiner wollte unsere Medikamente durchsuchen oder hat nach Morphiumpraeparaten gefragt, und selbst bei der Frage nach Waffen wollten Sie nicht mal unsere Signalpistole sehen, geschweige denn irgendwelche tragbaren Navigationsinstrumente einpacken und verschweissen, wie es an Cubas Nordkueste ueblich ist.

Nach der Prozedur haben wir noch gratis unsere Tanks mit Trinkwasser auffuellen koennen und ankern jetzt vor der Marina fuer 6 Euro am Tag.

Das Resume des Einklarierens: Cuba ist das erste Land indem wir uns nach dem Kontakt mit den Offiziellen wirklich wilkommen fuehlen und die Beamten nicht angenervt oder offen ablehnend sind! Und wir sind doch noch an Weinnachten angekommen, nach 10 Tagen am Wind, 10 Beamten und einem Hund.